Baustein 1: Hörspaziergang – listening walk

Zusammenfassung

Ziel ist die Förderung einer Kultur des Hörens und Zuhörens als Basis für die spätere musikalische Nachgestaltung der erforschten Sounds, für die Umgestaltung und Umdeutung zum Beispiel im Übertragen auf Instrumental oder Vokalklänge . Dieser Baustein gibt den Impuls für die Durchführung eines Hörspaziergangs. Im Klassenverband oder in einzelnen Gruppen werden drei Stationen in der näheren Umgebung der Schule hörend erforscht. Die Stationen werden so gewählt, dass sie unterschiedliche Hörerfahrungen ermöglichen. Im Projekbeispiel waren es die drei Stationen:

  • Station 1: Schulhof
  • Station 2: belebte Straßenkreuzung mit Baustelle und Straßenbahnhaltestelle
  • Station 3: Studentenwohnheim mit Cafeteria

Die Stationen sollten von den Lehrpersonen sorgfältig auf die individuelle Situation angepasst werden, so dass eine Vielseitigkeit an Erfahrungen gewährleistet ist.

Dauer: 2 x 90 min

Schlüsselwörter Kreativität & Entrepreneurship: Begeisterungsfähigkeit, Interaktion mit der Umwelt, eigene Lösungen entwickeln

Beschreibung

Step 1: Hörübungen – Raumwahrnehmung – Stille erfahrbar machen

SuS setzen sich bequem hin und schließen die Augen. Auf verbale Impulse der Lehrperson nehmen die SuS alle Sounds wahr, die

  • im Körper zu hören sind,
  • im Raum zu hören sind,
  • außerhalb des Raumes zu hören sind.

SuS versuchen ein Übertragen des Gehörten in einen bildnerischen Ausdruck.

Step 2: Körpersounds

Die SuS stehen im Kreis. Gemeinsam werden vielfältige Möglichkeiten von Körpersounds gesammelt:

Aktionsfläche 1: Sounds mit den Füßen gegen den Boden als Spielfläche.

  • Alle Mitspieler beginnen mit einem vorgegebenen Fußsound, zum Beispiel Stampfen
  • Wechselt ein Mitspieler den Fußsound, reagieren alle anderen mit der Imitation dieses Sounds
  • Der Ablauf wird wiederholt, bis ca. 10 verschiedene Fußsounds exploriert wurden

Aktionsfläche 2: Die Hände bespielen den Körper als Spielfläche

  • alle Mitspieler bespielen verschiedene Körperteile mit den Händen/Fingern und versuchen möglichst unterschiedliche Sounds zu kreieren.
  • Ausgewählte einzelne SuS improvisieren mit den verschiedenen Sounds, alle Mitspieler versuchen synchron mitzuspielen.

Aktionsfläche 3: Sounds, die nur mit Händen oder Fingern erzeugt werden – klatschen, schnipsen, Hände reiben…)

  • Ein SuS gibt einen Handsound vor, den alle Mitspieler imitieren
  • In Kreisrichtung spielt der nächste SuS einen neuen Handsound der wieder von allen imitiert wird.
  • Wiederholen, bis alle Mitspieler einen Hand/Fingersound gespielt haben.

Kein Sound soll sich wiederholen. Wurde beispielsweise von einem SuS in die Hände geklatscht, darf dieser Sound nicht von einem anderen SuS im Kreis wiederholt werden.

Aktionsfläche 4: Sounds der Mundwerkzeuge –  percussive Sounds wie ploppen, schnalzen; Luftsounds wie pusten, blasen, hauchen…; stimmlose Sounds wie Konsonanten…

  • Spielablauf wie bei Aktionsfläche 3, nur mit Wechsel der Kreisrichtung.

Step 3: Körpersounds hören und assoziieren.

SuS sitzen im Kreis, 2 – 3 SuS setzen sich in die Kreismitte mit dem Rücken zueinander und schließen die Augen

  • Lehrperson oder SuS gibt einen Impuls mit einem Körpersound (klatschen, schnipsen, auf die Schenkel trommeln etc.), der so schnell als möglich nacheinander im Kreis gespielt wird. Der Sound wechselt bei jeder Runde vom Impulsgebenden, so dass eine pausenlos aufeinanderfolgende Kettenreaktion aus verschiedenen Körpersounds entsteht – vergleichbar mit der Kettenreaktion fallender Dominosteine)
  • Variante: auf Handzeichen 1 werden die Körpersounds nacheinander, auf Handzeichen 2 gleichzeitig von allen gespielt.
  • Variante 2: SuS spielen in drei Gruppen in beliebiger Reihenfolge mit jeweils einem vorab festgelegten Gruppensound

Die SuS aus der Kreismitte beschreiben jeweils die Vorstellungen, Assoziationen, Räume/Landschaften, welche sich beim Hören eingestellt haben.

Je nach Bedürfnis der SuS wird das Hörspiel mehrmals durchgeführt oder als Ritual regelmäßig praktiziert.

Step 4: Hörspaziergang

Die Lehrperson bespricht mit den SuS den Ablauf eines Hörspaziergangs mit drei schulnahen Hörstationen:

  • an den Hörstationen soll nicht gesprochen werden, damit die volle Konzentration auf dem Hören liegt
  • auf dem Weg zur nächsten Hörstation soll so wenig als möglich gesprochen werden.
  • für jede Hörstation erhält jeder SuS von der Lehrperson vorbereitete Karten und notiert pro Karte einen Höreindruck. Es soll nicht der Gegenstand notiert werden, der das Geräusch erzeugt (z. B.  Auto) sondern das Geräusch selbst (z.B,Bremsen quietschen, das metallische Rasseln eines Schlüsselbundes, ein aufheulender Automotor….)
  • ein SuS wird für die digitale Audioaufnahme ausgewählt und die Aufnahmefunktion vorab besprochen.

Durchführung des Hörspaziergangs: Die SuS gehen mit der Lehrperson zu Hörstation 1 und lauschen dort 2-3 Minuten schweigend den Umweltgeräuschen. Die Höreindrücke schreiben die SuS individuell auf die mitgenommenen Karten auf. Während der Lauschzeit nimmt ein Audiorecorder mit einem Außenmikrofon auf. Anschließend wird der Ablauf bei Hörstation 2 und Hörstation 3 wiederholt. Abschließend gehen alle in den Klassenraum.

Step 5: Reflexion

SuS legen eine sound map mit den notierten Kärtchen. Doppelungen werden übereinander gelegt.

Reflexion des Hörspaziergangs:

  • was war zu hören?
  • welche Sounds haben euch besonders gefallen/ nicht gefallen?
  • gab es überraschende, ungewöhnliche, ganz spezielle Sounds?
  • welche Sounds waren besonders laut/leis/hoch/tief/lang/kurz?
  • gab es Sounds, die sich bewegt haben?
  • gab es Sounds die mehrfach die Richtung geändert haben?
  • welche Sounds kann man mit der Stimme nachsingen?
  • gab es Sounds mit einem nachspielbaren Rhythmus, einer nachspielbaren Melodie?.

Im Anschluss wird die Audioaufnahme jeder Station angehört, so dass die die SuS ihre individuelle Hörwahrnehmung mit der aufgenommenen soundscape vergleichen und mögliche Unterschiede beschreiben können.

Step 6: Nachgestaltung der Höreindrücke mit Körpersounds

Die SuS gehen in Kleingruppen mit jeweils 4 – 6 SuS. Jedes Gruppenmitglied wählt 1 – 2 Karten aus der Soundmap aus.

Arbeitsauftrag für die Kleingruppe:

  • Probiert verschiedene Möglichkeiten aus, wie die notierten Geräusche mit der Stimme oder mit Bodysounds nachgestaltet werden können.
  • Einigt euch auf eine Reihenfolge und bildet aus den Karten eine Partitur (ein Notenbild) von links nach rechts. Mehrstimmig wird es, wenn ich mehrere Karten untereinanderlegt, die dann gleichzeitig zu musizieren sind.
  • Einigt euch, wer welche Sounds wann spielt.
  • Wiederholt eure Abfolge mehrmals, so dass ihr sie sicher spielen könnt
  • Gebt eurer eigenen Soundcomposition (Klanglandschaft) einen Titel.

Step 7: Präsentation der Gruppenergebnisse im Plenum

Varianten

Hörspaziergang mit geschlossenen Augen: Eine sehr intensive Form des Hörens wird in der Variante mit geschlossenen Augen erlebt. In dieser Variante gehen die SuS paarweise zusammen. SuS A schließt die Augen und wird von SuS B über einen vereinbarten Zeitraum über ein vereinbartes Gelände geführt. Im Anschluss werden die Rollen getauscht. Diese Durchführung erfordert ein hohes Maß an Bewegungskompetenz, Konzentration, an Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein.

Alternativ zu der Verschriftlichung der Höreindrücke können diese auch mit Stiften graphisch oder bildnerisch umgesetzt werden. Die so entstehenden Klangkarten können zu einer Klangspur gelegt werden. Der Retransfer der Klangkarten in hörbare Klänge geschieht direkter, die musikalischen Informationen sind sichtbarer und so voraussetzungsloser umsetzbar als die begriffliche Variante. Diese Form ist im interdisziplinären Kontext mit bildender Kunst interessant, da sie die Verbindung von visueller und hörbarer Wahrnehmung erfahrbar macht.

Kompetenzen

  • Die SuS können:
  • verschiedene Hörräume bewusst unterscheiden.
  • konzentriert über einen vereinbarten Zeitraum Umweltsounds lauschen.
  • Höreindrücke verbalisieren, reflektieren und mit anderen vergleichen.
  • rhythmische Muster und melodische Motive in Alltagssounds erkennen.
  • Höreindrücke mit Stimme und Körpersounds nachgestalten.

Nur bei der Durchführung des Hörspaziergangs mit geschlossenen Augen:

Die SuS können:

  • taktile Impulse verstehen und in der Bewegung reagieren.
  • Verantwortung für einen anderen SuS übernehmen und achtsam führen.

Materialien

  • BlankoKarten in DinA 6 – es empfiehlt sich pro Station eine andere Papierfarbe zu wählen
  • Stifte
  • Stationskarten mit dem Titel der Hörstation für die Soundmap
  • Aufnahmegerät mit Außenmikrophon
  • Musikanlage zum Abspielen der Höraufnahme